Der neue Kontaktbrief der Vernetzungsinitiative “Lebensherbst” ist erschienen. Sie können die digitale Version hier auf unserer Website als PDF herunterladen – auch, wenn Sie noch im Sommer Ihres Lebens sind. Die Beiträge sind in jedem Fall lesenswert!
Aus dem Editorial des Heftes:
Liebe Mitglieder der GCL
und der Marianischen Congregation für Kranke,
liebe Leserinnen und Leser,
in der 5. Klasse wurde in unserem Religionsunterricht der Aus-zug der Israeliten aus Ägypten durchgenommen. Spannende, teils brutale Geschichten. Eine Unterrichtsstunde werde ich nie vergessen: es ging um den Durchzug durch das Rote Meer. Für mich war es bis dato ein Wunder, von Gott gewirkt, dass das Volk Gottes trockenen Fußes durch das Meer schreiten konnte, während kurz darauf das Pharaonenheer in den Fluten versank. Unser Religionslehrer machte uns mit viel Mühe klar, dass hier mitnichten ein Wunder stattgefunden hatte. Er sprach von be-sonderen Winden, die häufig am Roten Meer auftraten und eine Furt im Wasser eröffneten. Weder Moses noch Gott hatten etwas damit zu tun.
In dieser Stunde verlor ich meinen Kinderglauben. Eine lange von Zweifeln und Suchen geprägte Zeit begann. In den sechziger Jahren machte sich keiner die Mühe, auf die Glaubensnot eines Mädchens einzugehen. Mit 14 wurde ich „religionsmündig“ und meldete mich zum nächsten Schuljahr vom Religionsunterricht ab. Entsetzen zuhause und in der Lehrerschaft! Als ich älter wurde, entdeckte ich für mich die Johannesbriefe. Ich hatte das Gefühl, als sprächen sie mich direkt an. Später habe ich die Kirchenväter gelesen, deren Bibelauslegung mich fasziniert hat.
Ein eigenständiger lebendiger Glaube an Gott, der mich liebt und mich in seinen Dienst ruft, wurde mir in den ignatianischen Exerzitien geschenkt. Ich habe in den Exerzitien gelernt, mit der Heiligen Schrift zu beten, zu meditieren und so meinen Weg zu finden.
Natürlich verschließe ich mich nicht neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Aber wenn ich bete, spricht das Wort Gottes, Christus, durch das Wort der Schrift zu mir. Wenn ich mich ansprechen lasse, erfahre ich seine lebenspendende Kraft.
Ich danke allen, die an diesem Heft mitgewirkt haben, für die Zeugnisse ihrer Auseinandersetzung und ihres Lebens mit der Heiligen Schrift. Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser – auch im Namen des Redaktionsteams – ein frohes gesegnetes Ignatiusfest.
Ingrid Bose