Junge Erwachsene und das ignatianische Charisma

Interview mit Stefanie Langel und Gunnar Bauer SJ

Seit Anfang Juni hat die GCL in Deutschland eine eigene Referentin für Junge Erwachsene: Die Sozialpädagogin Stefanie Langel wird im Team mit Gunnar Bauer SJ Angebote aus dem ignatianischen Charisma entwickeln, die junge Erwachsene ansprechen und für ihr Leben und ihren Alltag heute hilfreich und nützlich sind. Stefanie Langel lebt in München und wird von hier aus für die GCL Deutschland arbeiten und unterwegs sein. Im gemeinsamen Interview mit Gunnar Bauer schaut sie auf die Chancen und Möglichkeiten der Arbeit mit  jungen Leuten.

Warum hat die GCL in Deutschland diese Stelle für Junge Erwachsene geschaffen?

Gunnar Bauer SJ: Seit 2022  ist in der GCL Deutschland etwas  Neues entstanden. Angefangen hat es mit der Abendreihe „mehr vom Leben“: eine Reihe von fünf Abenden, speziell entwickelt und konzipiert für Junge Erwachsene, mit Themen der ignatianischen Spiritualität und der GCL. Die Zielgruppe dafür sind junge Leute ab etwa 25 Jahren, die am Ende ihrer Ausbildung oder ihres Studiums stehen, die  ihre ersten beruflichen Schritte machen oder gemacht haben. Diese Abendreihe hat bereits mehrmals in München stattgefunden und auch an anderen Orten in Deutschland, etwa in Hamburg, Karlsruhe, Bielefeld und Leipzig. Aus all diesen Abendreihen sind GCL-Gruppen von Jungen Erwachsenen entstanden. Wir haben gesehen: Da entsteht etwas, das wollen wir vertiefen und weiterführen. 

Stefanie, was hat dich motiviert, dich für diese Stelle zu bewerben? Bisher warst du als Referentin für die GCL München-Freising tätig. So ist dir die GCL-Gemeinschaft schon vertraut.

Stefanie Langel: Obwohl mir die Räume vertraut sind – mein Schreibtisch stand ja hier – fühlt sich für mich alles neu an. Bei meiner bisherigen Tätigkeit hier konnte ich durch die Abendreihe „mehr vom Leben“ erleben, wie junge Erwachsene den Weg nach St. Michael und auch in die GCL gefunden haben. Diese guten Erfahrungen haben mich motiviert, den Schwerpunkt meiner Tätigkeit nun darauf zu legen, sie weiterhin auf ihrem Weg zu unterstützen und zu begleiten. Und natürlich reizt mich das Neue an dieser Aufgabe: etwas aufbauen zu können, herauszufinden, was die Jungen Erwachsenen heute brauchen und wie wir sie dabei begleiten und unterstützen können.

Was bringt Junge Erwachsene dazu, an der Abendreihe ‚mehr vom Leben‘ teilzunehmen und sich danach zu einer GCL-Gruppe zusammenzuschließen? Was suchen und finden sie?

Gunnar Bauer SJ: Aus den Rückmeldungen der Gruppen, die wir begleitet haben, wissen wir, dass diese Jungen Erwachsenen heutzutage in ihrem Lebensumfeld oft die Einzigen sind, die an Gott glauben. Und dass es nicht leicht ist, Gleichgesinnte und Gleichaltrige zu finden, mit denen sie sich über die Dinge austauschen können, die sie bewegen. Dafür einen Raum zu eröffnen, in dem das ungefährlich, ja selbstverständlich ist, wo sie akzeptiert sind, das ist für die Jungen Erwachsenen, die wir begleiten, etwas Besonderes und Attraktives. 

Stefanie Langel:  Bei den Gruppen, die ich bisher begleitet habe, ist das Interesse groß, mit anderen in den Austausch über Glaubensfragen zu gehen. Gerade auch mit Menschen, die nicht aus ihrem Lebensumfeld, sondern aus einer anderen Bubble kommen. Es verbindet sie das Erleben von Gemeinschaft und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. So ist der Austausch über ihr Leben und ihren Glauben für ihren Alltag bereichernd.  

Welche Elemente aus der ignatianischen Spiritualität sprechen Junge Erwachsene besonders an?

Gunnar Bauer SJ: Der erste Abend der Reihe „mehr vom Leben“ mit dem Titel „Wie war dein Tag?“ vermittelt, wie ich mit einem wertschätzenden, liebevollen Blick auf meinen Tag zurückschauen kann. Dabei spricht an, dass ich mich mit Gott gemeinsam frage: Wie war mein Tag heute? Was ist gut gelaufen? Was ist nicht gut gelaufen? Was kann ich besser machen? Vor allem: Wofür bin ich dankbar? Dieses „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“ ist ein gutes Werkzeug, um den eigenen Alltag bewusster zu gestalten. Genauso wichtig ist Jungen Erwachsenen das Thema „Entscheidung“. Ignatius von Loyola hat uns gute, nützliche Methoden an die Hand gegeben, um konkrete Entscheidungen auf eine gute Weise zu treffen. Die ignatianische „Unterscheidung der Geister“ bringt auch diese Dimension ins Spiel: Gibt es in meinem Leben die Offenheit, mich auf die Idee einzulassen, die Gott für mich im Sinn hat? Und ist mein Leben damit kongruent?  Durch die ignatianische Weise mit der Bibel zu beten, kommt die Erfahrung hinzu, dass auch die Heilige Schrift Antworten auf meine Fragen geben kann – etwa wie ich bewusster leben kann und sich mein Leben durch Gott verändert.  Für diese Dynamik der Veränderung ist auch die Biografie dies Heiligen Ignatius von Loyola ein inspirierendes Beispiel. 

Stefanie Langel: Gerade in der Lebensphase, in der die jungen Leute sind, stehen sie vor vielen Entscheidungen, etwa zum Wohnort, zum Studium, zum weiteren beruflichen Weg. Und: Wie will ich Partnerschaft und Gemeinschaft leben?

Ein Kernelement der ignatianischen Spiritualität sind ja die Exerzitien. Lassen sich Junge Erwachsene auch darauf ein? 

Stefanie Langel: Ich nehme bei den Jungen Erwachsenen ein großes Interesse an der ignatianischen Spiritualität war. Einen Wunsch nach ‚Zeit für mich, für Gott und für meinen Glauben‘ zu haben. Da ist auch eine große Faszination, damit in die Stille zu gehen, sie wollen es gerne ausprobieren. Auch wir probieren einfach mal ein paar Angebote aus, so laden wir die Jungen Erwachsenen aus unseren GCL-Gruppen z.B. im Juli für ein Wochenende mit dem Thema „Zeit für mich und Gott“ in die Zukunftswerkstatt der Jesuiten nach Innsbruck ein. Damit wollen wir eine Möglichkeit bieten, in die Stille zu gehen und Lust auf Exerzitien zu machen.

Gunnar Bauer SJ: Es ist uns wichtig, diese Wochenende selbst anzubieten und zu begleiten. Es hilft den Jungen Erwachsenen, dass sie uns bereits kennen.  

Ein Wesensmerkmal der GCL ist das regelmäßige Treffen einer Gruppe, in der man Glauben und Leben miteinander teilt. Ihr sagt, dass aus allen Abendreihen solche Gruppen mit Jungen Erwachsenen hervorgegangen sind und dass das Interesse an Austausch hoch ist. Diese regelmäßigen Termine verlangen eine hohe Verbindlichkeit. 

Stefanie Langel: Ich erlebe bei den Jungen Erwachsenen in diesen Gruppen eine hohe Verbindlichkeit. Sie treffen sich regelmäßig alle drei Wochen oder auch öfters, je nach Terminkalender. Diese Gruppen laufen selbstständig, aber es ist ihnen schon wichtig, dass sie wissen, dass jemand für sie da ist. Wir bieten darüber hinaus auch weitere Begegnungsmöglichkeiten an, etwa eine gemeinsame Adventsfeier oder das gemeinsame Verbringen der Kar-, und Ostertage wie zuletzt in München. 

Gunnar Bauer SJ: Uns ist auch sehr wichtig, dass wir den Jungen Erwachsenen die Möglichkeit anbieten, im Team zusammen zu wirken und selbst etwas auf die Beine zu stellen. Dass sie an Angeboten teilnehmen, die sie auch selbst mit vorbereitet haben. Eine GCL-Gruppe erschöpft sich nicht darin, sich regelmäßig zu treffen und sich auszutauschen, sondern sie kann sich auch einem Projekt widmen, das für andere Menschen da ist. Gut und wertvoll ist für die Jungen Erwachsenen auch, zu wissen, dass es in ganz Deutschland solche Gruppen gibt. Hier eine Verbindung miteinander und ein Netzwerk entstehen zu lassen, wird ein wichtiger Teil unserer Arbeit sein. Zum Beispiel durch zoom-Treffen oder einen Newsletter. Auch eine kleine Gruppe von jungen Leuten merkt so, dass sie nicht alleine unterwegs ist.

Diese neu entstandenen Gruppen für Junge Erwachsene verstehen sich klar als GCL-Gruppen, fühlen sich der GCL in Deutschland, in den Diözesen zugehörig – deren Mitglieder zum großen Teil aus der Generation ihrer Eltern oder Großeltern stammen. Wie kann das zusammenpassen?

Stefanie Langel: Ich halte es für wesentlich, dass man in Kommunikation und im Dialog miteinander ist; natürlich finden wir in der GCL mehrere Generationen vor, die wahrscheinlich eine sehr unterschiedliche Lebensweise haben, aber das ist ja das Interessante: dass man sich darüber austauscht, in Kontakt bleibt und dass man gemeinsam an Veranstaltungen teilnimmt. Ich sehe da keine Trennung, sondern eine Gemeinschaft.

Wie kann Eure weitere Arbeit für Junge Erwachsene praktisch aussehen? 

Gunnar Bauer SJ: Hier sehe ich besonders die Abendreihe „mehr vom Leben“. Es hat sich gezeigt, dass auch in Städten, in denen Jesuiten nicht präsent sind und die GCL keinen öffentlichen Ort hat, diese Abende angeboten werden konnten und Gruppen daraus hervorgegangen sind. In Karlsruhe beispielsweise hat die GCL vor Ort die Organisation übernommen, im Team mit zwei Jungen Erwachsenen, die bereits in einer GCL-Gruppe sind. In Leipzig hat es der Dekanats-Jugendseelsorger zusammen mit jemandem aus der GCL in der neuen Probsteikirche angeboten. In Hamburg gibt es eine Kooperation von Jesuiten mit der GCL und in Bielefeld gab es eine Kooperation mit der Katholischen Hochschulgemeinde. 

Stefanie Langel: Es ist wichtig, dass die Abendreihe jeweils von Menschen aus der örtlichen GCL-Gemeinschaft angeboten wird. Wir bieten das Material; unser Anspruch ist es, das Material gemeinsam durchzugehen und zu fragen: Was braucht es? Wo und wie kann gut Werbung gemacht werden? Wo finde ich einen Raum? Wichtig ist uns zu vermitteln, dass die, die diese Abende anbieten, auf ein koordinierendes Netzwerk zurückgreifen können. Wichtig ist uns zu zeigen: Wir sind da. Wir sind ansprechbar, wir haben einen langen Atem. Wir haben Interesse. Wer Lust darauf hat, selbst so eine Abendreihe anzubieten, kann sich gerne an uns wenden. 

Und was bringt ihr für Eure (neuen) Aufgaben mit?

Stefanie Langel: Viel Motivation und Freude an dieser Arbeit. Dazu die Lust auf das Neue. An beruflicher Qualifikation bringe ich mit: Studium Sozialpädagogik und Sozialmanagement; jahrelange Begleitung von Freiwilligen im FSJ im In- und Ausland. An meinem zweiten (halben) Arbeitsplatz wirke ich als Sozialpädagogin im Ambulant Betreuten Wohnen von Frauen mit psychischen Erkrankungen. Außerdem bin ich durch das GCL-SJ-Seminar zur geistlichen Begleiterin ausgebildet. 

Gunnar Bauer SJ: Auch ich bringe viel Lust, Motivation und Freude mit. Vor allem die Freude an der Weitergabe des ignatianischen Charismas. Als ich 2015-2018 in St. Michael die ignatianische Gebetsgruppe für Junge Erwachsene geleitet habe, habe ich gemerkt, dass meine Arbeit auf fruchtbaren Boden fällt. Seit 2007 bin ich Jesuit, seit 2019 Kirchlicher Assistent der GCL in Deutschland. Auch Erfahrungen aus der Flüchtlingsarbeit und der Erwachsenenkatechese und meine Ausbildung zum Gesprächstherapeuten fließen in meine jetzige Arbeit mit ein. 

Mehr Informationen über die Jungen Erwachsenen in der GCL und die Angebote finden sich auf den Internetseiten: gottsuchen.gcl.de und mehrvomleben.gcl.de

Interview: Gerlinde Knoller

Das Interview als PDF können Sie hier herunterladen:

Junge Erwachsene und das ignatianische Charisma

Interview mit Gunnar Bauer SJ und Stefanie Langel

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